Am heutigen 5. Hauptverhandlungstag war von der Verteidigung geplant, einen umfangreichen Einstellungsantrag zu stellen. Zunächst allerdings verkündete der Senat, mit einiger Verzögerung, einen Gerichtsbeschluss, mit dem der Antrag der Verteidigung Müslüm Elma auf Aussetzung des Verfahrens wegen zu geringer Vorbereitungszeit abgelehnt wurde.

Es folgten zwei Antworten der Verteidiger_innen von Frau Dr. Büyükavci und Herrn Yeşilçalı auf die Stellungnahmen der Bundesanwaltschaft zur Beanstandung der Sitzordnung und der Anwesenheit von 30 bewaffneten Sicherheitskräften durch die Verteidigung am 3. Verhandlungstag

Nach der Mittagspause begannen die Verteidiger_innen mit der Verlesung des Antrags auf Einstellung des Verfahrens.

Der 70 – seitige Antrag thematisiert die Verhältnisse in der Türkei und stellt in Frage, ob es sich überhaupt um einen demokratischen Rechtsstaat handelt, der von der deutschen Justiz (mit dem Instrument des § 129b StGB) geschützt werden kann. Detailliert dokumentiert der Antrag die zahllosen und massiven Menschenrechtsverletzungen in jüngster Vergangenheit, die die türkische Regierung zu verantworten hat , sowie staatliche und parastaatliche Morde und Folter. Großen Raum nahm auch die Darstellung des systematischen Demokratieabbaus durch Parteienverbote, Wahlmanipulationen und die Verhaftungen von Politiker_innen, Journalist_innen und Rechtsanwält_innen ein, sowie die Unterstützung des sog. Islamischen Staats (IS) durch das Erdoĝan Regime.

Auf Basis dessen wurde die Rechtmäßigkeit der Verfolgungsermächtigung durch das deutsche Justizministerium, die ja Grundlage des hier geführten Strafprozesses darstellt, in Abrede gestellt. Wenn diese Verfolgungsermächtigung rechtswidrig und willkürlich ergangen ist, muss sie zurückgenommen werden. Mit dem Antrag wird daher der Senat aufgefordert, das Verfahren endgültig einzustellen bzw. hilfsweise auszusetzen und das Justizministerium zu ersuchen, die Ermächtigung zurückzunehmen.

Die Verlesung des Einstellungsantrags wurde am späten Nachmittag unterbrochen und wird am Montag um 9. 30 Uhr fortgesetzt.