Am 17. Juni 2016 beginnt vor dem Oberlandesgericht München der größte Staatsschutzprozess in Deutschland seit Mitte der 1990er Jahre. Angeklagt sind zehn türkische Kommunist_innen, denen vorgeworfen wird, das sogenannte Auslandskomitee der TKP/ML (Türkische Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten) gebildet zu haben.

Die TKP/ML ist nur in der Türkei eine verbotene Organisation. Weder in Deutschland noch in anderen europäischen Staaten ist sie mit einem Verbot belegt und befindet sich auf keiner der nationalen und internationalen Terrorlisten. Keinem unserer Mandanten wird – außer der Mitgliedschaft in der TKP/ML – eine Gewalttat oder irgendeine andere strafbare Handlung in Deutschland vorgeworfen. Die TKP/ML soll laut Verfassungsschutzberichten seit Jahrzenten in Deutschland aktiv sein. Seit 2006 ermittelt das BKA gegen die Organisation. Doch erst im April 2015 werden mit unseren Mandanten erstmals Personen wegen der angeblichen Unterstützung der TKP/ML verhaftet.

Unsere Mandantinnen und Mandanten sitzen zum Prozessauftakt seit über 14 Monaten in Untersuchungshaft. Während tagtäglich Flüchtlingsheime in Deutschland brennen, hat der Generalbundesanwalt einen immensen Aufwand betrieben, um unsere Mandantinnen und Mandanten zu verfolgen. Vier der Angeklagten wurden auf Betreiben des GBA in anderen europäischen Ländern festgenommen und an Deutschland ausgeliefert. Gleichzeitig werden wir in unserer Verteidigung massiv eingeschränkt. Wir dürfen mit unseren Mandant_innen nur in Zellen mit einer Trennscheibe reden, der Inhalt unserer Verteidigerpost wird durch einen Richter kontrolliert.

Wir begreifen dieses Verfahren als Auftragsarbeit für den türkischen Staatspräsidenten Erdogan.

Wir wollen versuchen, den Ablauf der Verhandlung, die Darstellung des Verlaufes der Beweisaufnahme und die Bemühungen der Verteidigung möglichst für alle LeserInnen verständlich darzustellen. Hierzu gehört auch der Versuch darzustellen, welches die Motive der bundesdeutschen Innen- und Aussenpolitik sind, die dieses Verfahren durch eine Verfolgungsermächtigung durch das Justizministerium erst ermöglicht haben.