Sigmund Gottlieb, BR-Chefredakteur, und Istanbul-Korrespondent Michael Schramm führen ein 30-minütiges Exklusiv-Interview mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan.
Transkript des Interviews ab Minute: 29.25
http://www.daserste.de/information/nachrichten-wetter/ard-sondersendung/videosextern/ard-sondersendung-140.html
Video: Wohin steuert die Türkei?25.07.16 | 35:36 Min. | Verfügbar bis 01.08.2016

Frage: Ich würde gerne am Schluss, Herr Präsident, noch eine Frage stellen, die uns gerade in diesen Tagen in Deutschland sehr wichtig ist, angesichts zunehmender islamistischer Anschläge auch in Deutschland in den letzten Tagen und Wochen. Was können, was wollen Sie tun in Ihrer Regierung, um die Bekämpfung dieser Terrororganisationen voranzutreiben? Das ist uns sehr wichtig.

Erdoğan: Ich möcht ganz klar und deutlich Folgendes sagen: Weder in München noch in Ansbach noch die anderen Anschläge, diese sehe ich nicht und bewerte ich nicht als islamische oder islamistische Anschläge und das sollte man auch so nicht bezeichnen und bewerten. Denn wenn man die Anschläge mit dem Adjektiv Islam zusammenbringt, dann wäre das ein Angriff gegen alle Muslime der ganzen Welt …

Frage: … nicht islamisch, sondern islamistisch…..

Erdoğan: … und das wäre sozusagen respektlos. – Auch wenn Sie islamistisch sagen, auch das wäre ein ernster Fehler, denn der Terror kann keine religiöse Zugehörigkeit haben. Sprechen wir von einem christlichen Terror oder von einem jüdischen Terror? Und wenn ein Jude sozusagen einen Terroranschlag verübt, kann man dann sagen, dass ist ein jüdischer Terroranschlag gewesen?

Frage: Dann lassen Sie uns vom Terror sprechen, der sozusagen seine Wurzeln in der nah oder mittelöstlichen Regionen hat.

Erdoğan: Genau. Auch der Antisemitismus, der in der ganzen Welt natürlich zur Sprache gebracht, bin ich einer von denen sozusagen Staatspräsidenten und auch Regierungsführern, die immer wieder das zur Sprache gebracht haben und ich bin dagegen. Das gleiche hat auch Hollande gemacht, er sprach von islamistischen Terror und wir haben ihm immer wieder gesagt, wir sollten diesen Fehler nicht machen, denn damit bezichtigt man alle Muslime, dass sie Terroristen seien, denn das, was Antisemitismus ist, ist in diesem Zusammenhang auch die Bezeichnung, wenn man von einem islamistischen Terror spricht, das wäre der gleiche Fehler.

Frage: Ich möchte gerne wissen zum Schluss, was Sie zu tun gedenken, um Terrorakte, wie sie sich in den letzten Wochen und Monaten auf bestialische Art und Weise – das hatte nichts mit Antisemitismus zu tun -, um diese zu bekämpfen, – aus der Türkei heraus. Was können Sie da tun?

Erdoğan: Ich bin ein Muslim und mehrheitlich ist natürlich auch die Türkei ein muslimisches Land von der Bevölkerung gesehen. Und wir kämpfen seit 35, 40 Jahren gegen den Terror und ein Großteil dieser Terroristen werden aber auch in Deutschland unterstützt und genährt und Deutschland unterstützt diese auch. Ich habe das der Frau Bundeskanzlerin habe ich 4000 Akten zu den Personen gegeben, übermittelt, von Namen her gesehen. Dann habe ich gefragt, was ist mit denen passiert. Sie hat gesagt ja, der Justizprozess geht weiter, sie hat mir gesagt, es sind jetzt an die 4500 schon, mittlerweile. Und eine Gerechtigkeit, die zu spät kommt, ist keine Gerechtigkeit. Und diese Menschen leben heute in Frankreich, in Belgien, in Deutschland, in Holland – da müssten wir, wir also nachrichtendienstliche Informationen, wir übertragen diese Informationen, aber diese Terroristen werden nicht ausgeliefert in die Türkei. Und bei dem Kampf gegen den Terror ist der gemeinsame Kampf unbedingt notwendig, wenn sie keinen gemeinsamen Kampf unternehmen, dann wird es in Deutschland, dann wird es in Holland, in Frankreich in allen europäischen Ländern Probleme geben. Und auf dem Nato-Gipfel haben wir das gleiche besprochen, zuletzt. Wir müssen gemeinsam Maßnahmen, wir müssen Hand in Hand zusammen gehen, da und dürfen wir nicht unterscheiden zwischen Religion, zwischen Rasse oder was auch immer. Hier müssen wir für die Menschen sorgen, für den Frieden der Menschen sorgen.
Frage: Und Sie werden es schaffen? Sie werden sich an diesem Kampf beteiligen? Gegen den Terror?

Erdoğan: Wir sind in diesem Kampf schon längst drin, wir kämpfen gegen den IS, wir kämpfen gegen die PKK, wir kämpfen gegen YPC, wir kämpfen gegen PYD, und wenn wir das unseren Freunden sagen, sie haben ja in ihren Ländern diesen Kampf nicht und die PKK führt sich ganz unbeschwert herum, dort auf in Deutschland ohne unbekümmert, frei, kann sich dort bewegen oder auch in Strasbourg zum Beispiel in dem Parlament oder wenn wir von den, in den Gebäuden des [ein Wort unverständlich], sehen wir, dass sie dort auch Ausstellungen eröffnen können, dass sie Zelte aufschlagen können, dass sie in Berlin Zelte aufschlagen können und die Fotos des Terroristenanführers diese dort einfach unbeschwert ganz frei dort demonstriert werden können und auch Geld eingesammelt werden und wie kämpfen wir dann gegen den Terror?

Frage: Herr Präsident, ich danke für das Gespräch.

Erdoğan: Ich möchte mich auch bedanken bei Ihnen … [bis Min. 34.53].